Dersim - Tarihsel arka plan bilgisi

Die historische Region DERSIM, seit 1935 Tunceli genannt, erstreckt sich im Mittleren Osten der heutigen Türkei, von Erzincan bis Erzurum, von Varto über Malatya bis nach Sivas. Die Natur der Region ist geprägt von Bergen und Flüssen, wie den Munzur, birgt eine einzigartige Flora und Fauna und bietet Lebensraum für unzählige seltene Tierarten.

Die Geschichte von Dersim ist geprägt von Repressalien und Assimilierung der mehrheitlich alevitischen Einwohner durch die Besatzer. Seit der vor--osmanischen Zeit bis zu unserer Gegenwart versuchen die Dersimer ihre kulturelle und religiöse Eigenständigkeit zu bewahren. Das gebirgige und dadurch schwer zugangliche Dersim, in dem Minoritäten wie alevitischen Kirmancen und Kurden sowie Armenier konfliktfrei in gegenseitiger Akzeptanz zusammen lebten, war für viele bedrohte Minderheiten ein Zufluchtsort.

Aber die Tatsache, dass diese Region Minderheiten beherbergte, die nicht der dominanten Religion, dem Sunni Islam angehörten, die keine Türken waren und kein Türkisch sprachen, und zudem eigene Lebensart und Kultur pflegten, war ein Dorn im Auge der Machthaber. Dies hatte zur Folge, dass viele Angriffe gegen Dersim stattfanden, was seinen Höhepunkt im Völkermord von 1937/1938 stattfand.

Bei Luft- und Bodenangriffen sowie anschließenden Exekutionen waren in den Jahren 1937-39 in der damaligen Provinz Dersim im Osten der Türkei nach offiziellen Angaben 13.806 Menschen getötet worden. Andere Quellen nennen bis zu siebzig tausend Tote.

Die Provinz wurde 1935 als Tunceli umbenannt. Nach dem Völkermord wurden Zehntausende Überlebende in andere Städte verband, um sie zu 'zivilisieren', tausende Kinder sind verschwunden. Grotten Teil von Dersim wurde bis 1946 Sperrgebiet erklärt.

Das Grauen traumatisierte die Überlebenden und wirkt immer noch in den Folgegenerationen. Das kollektive Trauma der Dersimer kann nur durch historische Aufarbeitung gelöst werden. Im Schatten des auferlegten Zwangs zu vergessen und der bewusst eingesetzten Assimilierung, gingen wertvolle Informationen über die Dersimer Traditionen, Kultur, Religion und Sprache verloren. In den Folge Jahrzehnten nach dem Völkermord drohten immer noch schwere strafrechtliche Repressionen, wenn das Massaker oder das Thema Dersim aufgegriffen wurde. Die historische Aufarbeitung des Themas wurde nur von einigen Privatpersonen im letzten Jahrzehnt angegangen. In diesem Sinne hat die Arbeitsgruppe Oral History Projekt mit der Planung und Durchführung des Dersim 1937-1938 Oral History Project eine Pionierarbeit geleistet, die für die Dersimer unschätzbar ist. Zum einen bieten die Zeitzeugeninterviews eine Alternative Geschichtserzählung zur staatlich proklamierten Version; zum anderen beherbergen die Interviews wertvolle Informationen über die Dersimer Kultur, Tradition und die Gesellschaftsstruktur.

Dersimer in Europa

Die angeworbenen Gastarbeiter der 60er Jahre und die politischen Flüchtlinge seit den 70er Jahren aus Dersim haben in Europa, insbesondere in Deutschland eine Diaspora gebildet. Die erste Welle der Dersimer kamen als Gastarbeiter für eine befristete Zeit nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Die Rückkehr hat aber für viele nie stattgefunden, weil sich die politischen Verhältnisse in der Türkei nicht verbessert haben.

Die erste politische Auswanderung aus Dersim in Richtung Europa veranlassten die politischen Unruhen der siebziger Jahre und der Militärputsch am 12 September 1980. Mit diesem Putsch wurden hunderttausende Menschen festgenommen, gefoltert und eingesperrt. Dersim damals wie auch heute, ist eine politische Region und die Hochburg der linken und beherbergt in den Bergen Aktivisten der kurdischen Nationalbewegung. Die Region Dersim litt sehr unter den Repressionen des türkische Staates. Wer die Möglichkeit hatte, ist mit der Familie oder mit den Verwandten nach Europa geflohen, um seine Lebensexistenz zu sichern.

Die genauen Statistiken liegen nicht vor aber schätzungsweise leben bis zu 300.000 Dersimer in Europa, mehr als die Hälfte davon lebt in Deutschland. Die Bochumer StudentInnen-Zeitung aus dem Jahre 1993 markiert die Einwohner von Dimili auf 150.000 in der BRD. (vgl. Die Brücke, Nr. 72, Juni/Juli/ August 1993 und Ware Nr. 3-4, 1993, S. 67). Wir gehen davon aus, dass es mittlerweile um die 200.000 sind.

Erdogan hat sich entschuldigt

Die Verleumdungspolitik des Völkermords der Dersimer nahm am 23. November 2011 eine Wendung, als der türkische Ministerpräsident Erdogan sich im Namen des türkischen Staates bei den Dersimern und ihren Nachkommen für die 1937-1938 Massaker entschuldigte.

Als erster Regierungschef in der Geschichte der Türkei hat Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan für Angriffe der Armee auf Dersim in den Jahren 1937-39 zugegeben und damit die Schuld am Tod von vielen tausend Menschen eingestanden. "Wenn es notwendig ist, sich im Namen des Staats zu entschuldigen, würde ich mich entschuldigen – und ich entschuldige mich… eines der tragischsten und schmerzhaftesten Ereignisse unserer neueren Geschichte" sagte er.

Diese Entschuldigung bedeutete einen ersten großen Schritt in Richtung Aufarbeitung und Versöhnung jüngster türkischer Geschichte, und leistet somit einen Beitrag zum Demokratisierungsprozess in der Türkei mit dem Ziel einer fairen und transparenten Gesellschaft und der Sicherung des Friedens, der Menschenrechte für alle Bürger der Türkei, unabhängig von ihrer ethnischen und religiöser Zugehörigkeit. Allerdings folgten bis jetzt keine weiteren Schritte, um die Geschichte wirklich auszuarbeiten. Als zum Beispiel, Hüseyin Aygün, ein Dersimer Abgeordneter der CHP und früheres Mitglied des 1937-38 Dersim Oral History Projects berechtigterweise behauptete, dass die Dersim 'Operationen' sorgfältig geplant waren, löste das eine weitere Kontroverse aus. Denn die offizielle türkische Geschichtsschreibung besagt, dass die 'Operation' eine Reaktion auf einen Aufstand war und nicht eine geplante militärische Offensive, obwohl diese Version der Geschichte offen von Ministerpräsident Erdogan angefochten worden war.

1937-1938 Dersim Oral History Project

Die höchstwahrscheinlich existenten staatlichen Dokumente zum Dersim Völkermord sind immer noch unter Verschluss und stehen der Forschung nicht zur Verfügung. Als Quelle können nicht nur die Dokumente dienen, die die Vernichtung einer Gesellschaft, ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihres sozialen Lebens zum Ziel hatten. Ebenso sind als Quelle die uns überlieferten Berichte derjenigen wichtig, die dieses Leid erlebt haben und es irgendwie geschafft haben, zu überleben.

Mit dem Projekt haben wir endlich das Schweigen gebrochen und bei der Aufarbeitung unserer Geschichte einen sehr konkreten, unschätzbaren Dienst geleistet: Mit fast 350 Zeitzeugeninterviews und fast 500 Stunden Rohmaterial haben wir das Schweigen beendet und das politische Bewusstsein über den Völkermord geschärft.

Der Startschuss zu dem Dersim 1937-38 Oral History Projekt

Der Startschuss zum Dersim 1937-38 Oral History Projekt fiel im September 2008 in Dortmund. Bundestag Abgeordnete Hüseyin Kenan Aydin un FDG Vorsitzender Yasar Kaya haben gemeinsam Mitglieder der FDG, Dersimer Akademiker und Politiker eingeladen um „1937-38 Zeitzeugenprojekt“ ins Leben zu rufen, um zumindest die Aussagen der letzten Überlebenden zu sichern.

Das „Dersim 1937-38 Oral History Projekt Komitee“ wurde im August 2009 gebildet, das sich aus dem Vorsitzenden der FDG, Akademikern aus dem Gebiet der Sozialwissenschaften, Pressemitarbeitern und IT-Technikern zusammensetzt. Das Komitee übernahm die Planung, die Organisation und die Durchführung des Projektes. Es wurde geplant, eine unabhängige Stiftung zu gründen und Aufarbeitung der Geschichte durch die Stiftung zu machen.

Förderverein Dersim e.V. wurde 2010 ins Leben gerufen. Der Verein ist gesetzlicher Vertreter des Projekts. Gleichzeitig wurde in Dersim einen Verein mit den Namen ^Sözlü Tarih Dernegi“ gegründet.

Um die Projektmitarbeiter zu qualifizieren, wurden drei Bildungsseminare über die Oral History, die Interviewführung, die Interview- und Datensicherung sowie Archivierungstechniken mit Unterstützung von Professoren der Clark Universität in Michigan, bedeutenden Universitäten in der Türkei und der „Stiftung Denkmal“ in Berlin abgehalten. Unter akademischer Anleitung wurden analog zu einem Leitfaden der „Shoah-Foundation“ Fragebögen erarbeitet und ein Handbuch über die Geschichte und Kultur Dersims für die Interviewer fertiggestellt.

Zur Aufzeichnung wurden verschiedene Materialen besorgt wie Kameras, Tonbandgeräte und Fotoapparate.

Die nach dem Shoah-Stiftungsmuster erstellten Fragebögen zur Geschichte Dersims der Jahre 1937-38 wurden samt Einverständniserklärung bereitgestellt.

In Dersim wurde ein Büro als Anlaufstelle für die Zeitzeugen und als Informationspunkt für alle Interessierten eröffnet.

Kampagnen, TV-Programme und über 40 Informationsabende fanden inzwischen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und in der Türkei statt, um die Dersimer auf die Dringlichkeit des Projektes aufmerksam zu machen und soweit wie möglich inhaltliche und finanzielle Unterstützung von ihnen zu bekommen. Das Projekt wurde und wird komplett von Spenden der Dersimer und Aleviten getragen.

Einige Informationen zum Projekt.

Als wir 2009 anfingen, hatten wir uns zum Ziel gesetzt, 150 Zeitzeugen zu erreichen. Nach 73 Jahren suchten wir nach Zeitzeugen. Da das Durchschnittsalter in der Türkei bei Männern bei 71 und bei Frauen bei 76 Jahren liegt, hatten wir große Sorgen, den Wettlauf mit der Zeit zu verlieren. Aber schon nach kurzer Zeit bekamen wir zahlreiche Adressen von Zeitzeugen von überall her, und immer neue Hinweise und Daten trafen bei uns ein. Längst hatten wir die Zahl von 150 erreicht, aber wir konnten nicht aufhören, immer neue Interviews wurden und werden gemacht, und immer wieder bekommen wir wieder neue Namen. Bis jetzt haben wir ca. 350 Zeitzeugen interviewt, unter ihnen auch zwei Soldaten, die damals ihren Militärdienst in Dersim geleistet haben, und einige der verschollenen Töchter Dersims. Leider haben wir nicht alle rechtzeitig erreichen können: Einige sind gestorben, während wir uns vorbereiteten.

Der älteste Zeitzeuge wurde 1894 geboren, die meisten der Zeitzeugen waren beim Völkermord zwischen 6 und 12 Jahren alt.

63% sind Männer, 37% sind Frauen.
In 8 Ländern und über 42 Städten sind Interviews gemacht worden, davon 27 in Deutschland.

Die Zeitzeugen gehören 43 verschiedenen Stämmen an, darunter auch 9 Ocaks (Heilige Stämme).

Die Interviews wurden in verschiedenen Sprachen geführt: 77% in Kirmancki/ Zazaki, 3,7% Zazaki/Türkisch, 18,5% in Kirdaski (Kurdisch) und etwa 0,8 % in Kirdaski/Kirmancki.

Die Durchschnittslänge der Interviews beträgt 88 Minuten.

Während des Völkermords wurden 19% verwundet, 60% haben ihre Familienangehörigen verloren, 88% haben den Massenmord selbst erlebt, 62% konnten sich im Wald oder in Höhlen verstecken, 36% wurden nach dem Massaker nach Westen verbannt, 2% sind unter Leichen am Leben geblieben.

Für die Sicherung der Dateien wurden die Interviews dreimal bei drei Personen in drei verschiedenen Ländern gespeichert.

Das Komitee ist dabei, einen Projektbericht fertigzustellen und diesen als Buch zu veröffentlichen.

Ziel: In Deutschland die Interviews für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in Dersim ein Archiv- und Dokumentationszentrum für Dersim 1937-38 zu errichten.

Das anfängliche Ziel des Projekte war, so viele Zeitzeugen wie möglich ausfindig zu machen und deren Aussagen und Erinnerungen anhand moderner audio-visueller Medien im Einklang mit akademischen Standards und Richtlinien zu erfassen.

Das langfristige Ziel besteht nun darin, die Informationen zu transkribieren und danach auf Türkisch, Deutsch und Englisch zu übersetzen, um die Daten dann zusammen mit anderen Informationen, Dokumenten, Fotos und Filmen in einem Archiv- und Dokumentationszentrum der Öffentlichkeit, der Forschung und anderen Institutionen zur Verarbeitung und Aufarbeitung zur Verfügung zu stellen.

Mit der Aufarbeitung des Themas hoffen wir zum einen, eine ausgewogenere Geschichtsschreibung als Alternative zur offiziellen Geschichtsschreibung zu bieten, und zum anderen, eine wahrhaftige Aufarbeitung des Traumas für die Dersimer zu ermöglichen. Im weiteren glauben wir, dass das Wissen um die tolerante und friedliebende Dersim-Kultur, die eine wirklich demokratische, gleichberechtigte und multikulturelle Gesellschaft darstellte, ein Gewinn für die deutsche Öffentlichkeit sein wird.

Benötigte Unterstützung

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Projekt 100 Prozent mit ehrenamtlicher Arbeit und durch Spenden der Dersimer finanziert. Leider reichen unsere fachlichen und finanziellen Ressourcen nicht mehr, um die Masse der Zeitzeugeninterviews abschließend bearbeiten zu können.

In diesem Sinne, würden wir es sehr schätzen wenn wir in den unten aufgeführten Punkten unterstützt werden könnten.

Finanzielle oder inhaltliche Unterstützung für das Transkribieren und Übersetzten der Daten

Technische Sicherung der Daten

Aufarbeitung der Daten, um sie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen

Gewährung der Beständigkeit der Daten in einem Archiv- und Dokumentationszentrum

Rechtliche Unterstützung und Führung in der Verwaltung der Copyrights

Unterstützung bei Ausstellungen und Dissemination der Informationen

Unterstützung bei der Akademischen Nutzung der Daten